Lokalisierung vs. Übersetzung: Was ist der Unterschied und warum ist es wichtig?

von Paul Jackson (Kommentare: 0)

Letzte Änderung: 06.07.2023

Was bedeutet Lokalisierung? Ist dieser Begriff gleichbedeutend mit Übersetzung? Und falls nicht, ist der Unterschied wichtig?

In diesem Beitrag erfährst du, wo der Unterschied liegt und wann der eine oder andere Sinn macht.

Der Unterschied zwischen Lokalisierung und Übersetzung

Das stimmt, Übersetzung und Lokali­sierung wirken für Laien vielleicht ähnlich, sind aber nicht ganz gleich. Lassen uns diese Unterschiede anschauen.

Lokalisierung vs. Lokalisation

Lokalisation dagegen hat nichts mit Lokalisierung oder Übersetzung zu tun. Lokalisation bedeutet, etwas zu orten oder einer bestimmten Stelle zuzuordnen.

Definition: Übersetzung

Mit Übersetzung wird die reine Über­tragung von Texten aus einer Sprache in eine oder mehrere andere gemeint. Nicht mehr, nicht weniger.

Ist das schlimm? Müssen Texte lieber lokalisiert werden?

Nein, natürlich nicht.

Geburts- und Heiratsurkunden zum Beispiel müssen immer übersetzt werden (und zwar von einer*einem beglaubigten Über­setzer*in). Bei solchen rechtlichen Dokumenten besteht kein Spielraum für Kreativität.

Definition: Lokalisierung

Was bedeutet Lokalisieren?

Lokalisierung folgt dem Ziel, das gesamte Produkt – ob Website, Software, Film, Werbekampagne oder was auch immer – an nicht nur die sprachlichen, sondern auch die kulturellen Gegeben­heiten des Zielmarkts anzupassen.

Kund*innen und Interessent*innen, die deine Website besuchen oder deine Marketing­materialien lesen, sollten sich denken, dass diese genau für sie geschrieben, gestaltet und erstellt wurden.

Lokalisierung umfasst daher mehr als nur die reine Übersetzung von Texten.

Warum ist Lokalisierung wichtig? Gut gemacht wird für die angepeilte Zielgruppe die Benutzer­freundlichkeit und Usability verbessert, was wiederum deine Marken­wahrnehmung und den Wert deiner Marke steigern kann. Die Leser*innen, Zuschauer*innen oder Kund*innen fühlen sich dadurch angesprochen.

Obwohl Lokalisierung meist eine Übersetzung voraussetzt, ist Lokali­sierung kein Synonym von Übersetzung. Trotzdem sind die beiden Begriffe zum Teil auswechselbar, und als Folge bestehen gewisse Überlappungen.

Was gehört zu einer Lokalisierung?

Du hast oben gelernt, dass eine Lokali­sierung über eine reine Übersetzung hinausgeht.

Welche anderen Aspekte sollten berück­sichtigt werden, damit dein Projekt für die Zielgruppe in der anvisierten Zielsprache bzw. Zielregion authentisch und angemessen wirkt?

Jedes Projekt ist anders. Als Folge treffen nicht alle Aspekte bei allen Projekten zu.

Grob gesagt meinen wir konkrete Angaben wie:

  • Datums- und Uhrzeitformate
  • Maßeinheiten
  • Währungen
  • Telefonnummer
  • Adressformate
  • Gesetzliche Vorschriften

Sowie kulturelle Aspekte wie:

  • Ansprache und Umgangston
  • Farbauswahl
  • Bildauswahl
  • Bräuchen und Traditionen
  • Feiertage
  • Beliebte Sportarten
  • Berufe
  • Kleidung und Mode
  • Typische Nahrung
  • und Ähnliches

Und geht es um deine Website, muss auch deine SEO lokalisiert werden – sowohl die Strategie (Keyword-Recherche) als die Umsetzung (Übersetzung bzw. Lokali­sierung).

Lokalisierung geht über Text hinaus

Projektbedingt muss manchmal mehr als nur geschriebener Text lokalisiert werden. Bei Websites sind visuelle Elemente wie Farbauswahl, Bildsprache und die darauf abgebildeten Personen ebenso von Bedeutung.

Stelle die richtigen Personengruppen dar

Zielt ein Unternehmen auf ein Publikum in Südkorea, sollten die auf der Firmenwebsite abgebildeten Personen am besten so aussehen, als ob in Südkorea leben. Bilder von Europäer*innen oder US-Ameri­kaner*innen tauscht du am besten aus. (Und bloß nicht durch Bilder von chine­sischen, japanischen oder vietnamesischen Personen ersetzen, weil das „eh alle asiatische Länder sind“.)

Vergiss bei Software die Screenshots nicht

Was bei Herstellern von Software leider oft vergessen wird, ist, auf der Website oder im Handbuch die Screenshots der eigenen Software auszutauschen.

Das verstehe ich nicht. Die Firma ist davon über­zeugt, eine tolle Software geschrieben zu haben, die sie international verkaufen möchte. Sowohl die Software und das Handbuch als die Website wurden übersetzt und in die gewünschten Sprachen veröffentlicht. Gibt sich trotzdem nicht die Mühe aus, die Screenshots auszutauschen, damit Interes­sent*innen auf einen Blick sehen kann, genau wie das Produkt funktioniert.

Selbst als Person mit Muttersprache Englisch finde ich das nervig. Wäre ich zum Beispiel Deutscher und in Englisch nicht so fit, wäre ich noch mehr genervt. Diese Software würde sehr schnell aus meiner Liste der infrage kommenden Lösungen fliegen. Anders gesagt: Der Hersteller hätte die Chance auf einen Kauf verpatzt.

Apropos Software: Manchmal bietet es sich an, die Tasten­kombination der jeweiligen Sprach­varianten anzupassen. Als Brite in Deutschland, der ein paar Jahre her wirklich auf die Schnelle einen Laptop mit deutscher Tastatur kaufen musste, weiß ich am eigenen Leibe, wie die „falschen“ Tasten­kombinationen stören und die Produktivität bremsen. Oft wurden diese über Jahre und sogar Jahrzehnten gelernt und täglich verwendet.

Fallstrick Farben

Farben können sowieso eine komplizierte Sache sein, selbst wenn du nur in einem bestimmten Land tätig bist. Alle Farben signalisieren eigene Botschaften und suggerieren eigene Bedeutungen und Assoziationen. Als ob das nicht genug wäre, haben Männer und Frauen zum Teil andere Farb­präferenzen. Ebenfalls jüngere und ältere Personen.

In verschiedenen Ländern und Regionen der Welt sind diese Bedeutungen und Assoziationen anders als die, die wir im globalen Westen haben. Schwarz wird bei uns als eine Farbe des Todes und der Trauer empfunden; weiß als eine geeignete Farbe für Hochzeiten. In Japan und einigen anderen asiatischen Ländern dagegen wird weiß als Farbe des Todes empfunden.

Wer nicht richtig aufpasst, geht das Risiko ein, dass das Produkt oder die Werbekampagne scheitert.

Macht eine Lokalisierung auch im gleichen Land bzw. Sprachgebiet Sinn?

Unter Umständen auf jeden Fall, ja.

Lokalisierung im gleichen Sprachgebiet

Stelle dir vor, dass ein deutsches Unter­nehmen eine mehrsprachige Website anbietet. Vorstellbar dabei wäre gesonderte Auftritte für die österreichischen bzw. Schweizer Märkte, um das breitere Sprach­gebiet zu decken.

In Österreich gibts eine Menge schöne Wörter, die sich von ihren deutschen Pendanten unter­scheiden, ob Pallawatsch, Mistkübel oder Speiben 🤮.

In der Schweiz sind die Unterschiede noch größer. Nicht nur der Wortschatz ist zum Teil anders, auch die Währung ist eine andere. Dazu kommt, dass der Buchstabe „ß“ nie verwendet wird, sondern wird als „ss“ geschrieben. Und bei Zahlen wird die Lage noch komplizierter (zumindest für Nicht-Schweizer*innen). Dafür kommen als Trennzeichen und abhängig von Umständen der Punkt, das Komma und sogar der gerade Apostroph zum Einsatz!

Noch ein Beispiel:

Viele Unternehmer*innen aus dem deutsch­sprachigen Raum lassen ihre Websites auf Englisch übersetzen, um eine möglichst große Zielgruppe zu erreichen. Wer dagegen gezielt Kund*innen in bestimmten Ländern gewinnen möchte, zum Beispiel im Vereinigten Königreich, Irland, den USA, Australien oder in anderen Ländern, in denen Englisch gesprochen wird, lokalisiert am besten ihre Website gezielt dafür. Sonst kann eine allgemeine englische Website in der Tat „etwas zu allgemein“ wirken – und im schlimmsten Fall als wenig relevant.

Ähnlich ist es bei anderen internationalen Sprachen wie Spanisch oder Französisch.

Lokalisierung im gleichen Land

Kommen wir wieder zu der Schweiz. Dieses Land ist sowieso ein interessanter Fall, indem es mehrere Amtssprachen hat. (Mehr zu Sprachen in der Schweiz.)

Wer gezielt Kund*innen in der ganzen Schweiz ansprechen möchte, bietet ihre oder seine Website am besten auf Deutsch, Französisch und Italienisch an.

Ähnliche Beispiele wären:

  • Belgien: Flämisch (Niederländisch), Französisch und ggfs. sogar Deutsch
  • Luxemburg: Französisch, Deutsch und Luxemburgisch (Mehr zu Sprachen in Luxemburg)
  • Wales: Walisisch und Englisch
  • Kanada: Englisch (Kanadisch) und Quebecer Französisch
  • und viel mehr.

Ist eine Lokalisierung immer möglich?

Manchmal kommt auch eine Lokalisierung an ihre Grenzen. Wenn ein Text, eine Website oder eine Software etc. so sehr angepasst werden müsste, damit die Zielgruppe es versteht, sprechen wir von Transkreation.

Ein großer, aufwändiger Beispiel dafür wäre, wenn eine deutsche Firma eine ganze Werbekampagne plant, gestaltet und verwirklicht, deren Wirk­samkeit von einem (deutschen) Wortspiel abhängt. So eine Botschaft lässt sich gar nicht in andere Sprachen übersetzen oder lokalisieren – oder zumindest nicht in alle. Keine Umschreibung oder Erklärung hilft. Hier muss für die ent­spre­chenden Länder die Kampagne neu geplant, geschrieben, gestaltet, gefilmt und verwirklicht. Oder verworfen. (Das ist übrigens eine echte Geschichte aus eigenem Berufsleben als Übersetzer.)

Erhältst du von mir eine Lokalisierung oder eine Übersetzung?

Hast du bis hierhin gelesen, weißt du, dass Lokali­sierung und Übersetzung ähnlich, aber nicht synonym sind. Als Folge bestehen in der Praxis Überlappungen.

Beauftragst du mich für eine Übersetzung, wird mir meist instinktiv klar, was zu tun ist. Auf jeden Fall werden Telefonnummer im deutschen Format in das internationale Format umgewandelt. Die anderen Faktoren hängen davon ab, aus welchem Personenkreis deine Zielgruppe besteht:

  • Personen, die in Deutschland oder in anderen deutschsprachigen Ländern leben, die der deutschen Sprache aber noch nicht mächtig sind
  • Personen, die in meinem Heimatland Großbritannien leben
  • Personen, die in überall in Englisch sprechenden Ländern leben
  • Personen, die überall auf der Welt leben

Falls ich mir nach Sichtung deiner Dokumente nicht sicher bin, für wen du schreibst, haue ich nicht sofort in die Tasten, sondern melde mich bei dir um diese wichtige Frage zu klären.

Und handelt es sich bei deinem Text um ein Thema, dass außerhalb Deutschland (bzw. des deutsch­sprachigen Raums) nicht verstanden wird oder irrelevant ist, sage ich dir ebenfalls umgehend nach Sichtung der Dokumente Bescheid.

Dann kannst du dich entscheiden, ob eine etwas freiere Lokalisierung bzw. eine Transkreation sich lohnt, oder ob du lieber keine englische Fassung davon veröffentlichst.

Fazit

In diesem Beitrag hast du gelernt, dass Lokali­sierung und Übersetzung nicht gleich sind, auch wenn zwischen den beiden Begriffe gewisse Ähnlichkeiten bestehen.

Du weißt mittlerweile auch, was für Angaben typischerweise berücksichtigt werden sollen und welche visuellen Elemente ggfs. am besten angepasst werden sollen.

Auch, dass bei einer gelungenen Lokalisierung deiner Zielgruppe das Gefühl hat, dass dein Inhalt genau für sie erstellt wurde. Das verstärkt wiederum ihr Vertrauen in deinem Unternehmen, was es wiederum wahrscheinlicher macht, dass sie von dir kaufen.

Dabei Neues oder Interessantes gelernt? Erzähl mir davon in den Kommentaren unten.

Deine Website ins Englische übersetzt bzw. lokalisiert?

Gerne übersetze – oder lokalisiere – ich deine Website ins Englische*, damit du eine größere Zielgruppe erreichen kannst.

* Wenn das Thema deiner Website meinen Themenbereichen (Internet, Technik, Marketing, Musik …) passt.

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